Irgendwann
im Jahr 1821oder 1822 denkt Salomon Herz nach. Der Sohn einer jüdischen
Bankiersfamilie in Berlin will eine Ölmühle bauen. Gerade beginnen
die Maschinen in den neuen Fabriken zu stampfen. Man wird es später
das Zeitalter der Industrialisierung nennen. Zahnräder drehen sich
von nun an unaufhörlich. Alle Welt benötigt Schmierstoffe und
Leuchtmittel. Herz muss nur nachdenken. Er sucht Felder, am besten gleich
vor den Toren seiner Fabrik, Bauern, die sich auf Rübsen ,Raps und
Sonnenblumen verstehen. Er muss an den Transport denken. Noch gibt es
keine Autos, nur Fuhrwerke und Lastkähne. Also kommt die Fabrik an
einen Fluss. Herz greift nach der Landkarte.... 1823 baut der Unternehmer
die erste große Ölmühle in Wittenberge, direkt an das
Ufer der Elbe, auf halbem Wege zwischen Hamburg und Berlin. Als Singer,
der amerikanische Nähmaschinenhersteller 1903 seine Werke in Wittenberge
eröffnet, da hat die Herzsche Ölmühle schon Stadtgeschichte
geschrieben. Viele Menschen wurden hier zum Proletariat. Herz sorgte dafür,
dass die Eisenbahn zwischen Hamburg und Berlin über
Wittenberge führt, dass eine Brücke über den Fluss entsteht.
Ein Großbrand vernichtet die erste Ölmühle. Herz baut
eine neue. 1856 steht da eine Fabrik, die größte Ölmühle
auf dem europäischen Kontinent. Die Gebäude, die heute noch
zu sehen sind, stammen aus dieser Zeit. Nach dem zweiten Weltkrieg und
über 40 Jahre DDR zählt die Ölmühle zu den drei großen
Industriebetrieben der Stadt. Hier arbeiten ca. 6500 Menschen. Am 3.Oktober
1990 wird die Wiedervereinigung Deutschlands gefeiert. Am 13. November
des gleichen Jahres demonstrieren in Wittenberge Tausende gegen die Schließung
von Ölmühle, der Nähmaschinenwerke und der Zellwolle. Umsonst.
Im März 1991 wird nach 168 Jahren Ölproduktion das Kraftwerk
der Wittenberger Ölmühle endgültig abgeschaltet. Auch die
Nähmaschinenwerke und die Zellwolle schließen. Es war, als
würde der Pulsschlag der Stadt aussetzen. |